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Bäume im Winter

Prinzipien für das Leben, übertragen auf Budo

Kürzlich wurde ich auf einen Beitrag aufmerksam, der den Titel “Principles For Living: An Operating System For Life” trägt. Zunächst hatte ich das Gefühl, dass es sich dabei nur um allgemeine Aussagen handelt, die zwar wahr sind, aber auch nicht unbedingt revolutionär. Dann aber stellte ich überraschend fest, dass sie sich recht gut auf Budo (in meinem Fall vor allem Aikido und Jodo, aber auch andere, nicht mehr aktiv betriebene Budo-Arten) übertragen lassen. Ich werde hier also versuchen, diese fünf Prinzipien auf den Bereich der Kampfkünste zu übertragen und zu schreiben, was mir dazu einfällt. 1. Richtung ist mehr als Geschwindigkeit Mit vollem Tempo loszulaufen ist unsinnig, wenn die Richtung falsch ist. Es ist daher auch unsinnig, sich bloß auf schnelle Erfolge zu konzentrieren. Wenn die Richtung stimmt, dann kommt man ans Ziel, oder zumindest an ein Ziel. In manchen Budo-Arten geht es wirklich extrem langsam voran. Wer hier nur auf Geschwindigkeit achtet, der versperrt sich diejenigen Ziele, die nur mit Geduld zu erreichen sind. Ich habe diese Aussage hier auf die Entwicklung und den …

Iaito - tsuba

Takemori Sensei in Berlin

Am letzten Wochenende bin ich wieder nach Berlin gefahren, um dort an einem 2,5-tägigen Seminar von Takemori Sensei teilzunehmen. Leider durften wir diesmal keine Videos aufnehmen. Dieses Verbot kenne ich bereits aus anderen Budo-Arten, wo befürchtet wird, dass dadurch etwas Falsches überliefert wird. Zudem könnte wohl auch etwas aufgenommen werden, was gar nichts mit den eigentlichen Techniken zu tun hat. Nach dem letzten Jahr wusste ich schon so ungefähr, was mich erwarten würde. Die Übungen mit dem Schwert waren sehr am ursprünglichen Iaido orientiert, was mir sehr gefällt. Einige andere Lehrer legen bloß Wert darauf, dass sie sehr schnell sind, oder sie vernachlässigen zum Beispiel völlig die Koordination von Armen und Körper. Hier jedoch wurden in Ruhe sehr einfache Bewegungen geübt, um überhaupt die Grundlagen zu erlernen. Sensei legt großen Wert auf Umgangsformen und korrektes Verhalten. Dazu gehört auch die Kleidung. So etwa darf unter dem Hakama keine weiße Hose zu sehen sein – selbst nicht im Sitzen auf einer Bank. Diese Regeln sind sonst oft nur schwer zu erlernen, weil sie im normalen Training …

Warum mache ich Budo?

Es gibt Seminare, auf denen sich deutlich Unterschiede in den verschiedenen Motivationen feststellen lassen, warum die Teilnehmer Budo1 machen. In vielen, vielleicht sogar den meisten Budo-Arten lässt sich nicht erwarten, dass sich diese Techniken einmal in der realen Welt einsetzen lassen. Viele von ihnen gehen von einem Kampf mit einem japanischen Schwert oder ähnlichen Waffen aus. Das ist heute nicht ganz realistisch, und so wie ich die meisten Teilnehmer einschätze, sind sie im allgemeinen auch ganz froh darüber. Bei vielen Leuten habe ich das Gefühl, dass sie sich in so eine Art “Softie Samurai”-Rolle hineinträumen, wo sie sich eine Weile stark fühlen dürfen, um dann nach drei Stunden wieder in die Couch sinken zu dürfen. Vielen geht es um das Treffen mit Anderen oder um eine sportliche Betätigung, die sehr viel Geist mit einschließt. Hin und wieder treffe ich auf jemanden, der Budo offenbar als eine Ansammlung von Techniken betrachtet, in der man unentwegt Fehler beseitigt – je mehr, desto besser. Es liegt in der Natur der Sache, dass man nie damit fertig sein wird. …

Takemori Sensei, Berlin 2017

Zurück zu den Kihon in Aikido

Kürzlich hatte ich das erste Mal die Gelegenheit gehabt, an einem Seminar von Takemori Sensei teilzunehmen. Als langjähriger Uke von Nishio Sensei konnte er reichhaltige Erfahrungen aus erster Hand und zudem viel Hintergrundwissen bieten, an das man in Europa sonst nicht so leicht herankommt.

Bier in Pisa

Shintó Musó Ryú Jódó Gasshuku in Italien

Jodo hat sich zu einer interessanten Ergänzung von Aikido entwickelt. Aikido funktioniert nicht nur intuitiver, sondern auch die Art des Trainings ist eine völlig andere. In Aikido begegnet man ziemlich früh allen möglichen Techniken, und erst allmählich beherrscht man sie immer besser. Das Trainingsklima ist dort eher locker. In Jodo geht es in festgelegten Stufen voran, und bestimmte Lehrer entscheiden, wann man die nächste Stufe versuchen darf. Bei dem Jodo, das ich betreibe, handelt es sich um eine relativ alte Schule1, die aus dem 17. Jahrhundert stammt, dabei Bestandteile2 älterer und jüngerer Schulen integriert und hin und wieder Veränderungen erfahren hat. Viele Aikidoka glauben fälschlich, dass das, was sie mit dem Jo machen, mehr oder weniger den Kern von Jodo repräsentiere. Die Katas3 des alten Jodo sind aber völlig anders, zudem wird ein sehr viel größeres Gewicht darauf gelegt, die Handhabung von Ken und Jo und allgemeine Prinzipien zu beherrschen. Zum Beispiel wird lange ein relativ simpel erscheinender Schlag geübt, der ursprünglich auf die Schläfe des Angreifers zielt, heute natürlich aber nur das Schwert trifft. …

Symbolischer Neuanfang

Mein erster aktiver Kontakt mit Budo war Anfang 1994, als ich in England Aikido begann. Nach etlichen Wechseln von Wohnorten und Stilrichtungen bin ich schließlich im Herbst 2008 in einem Prager Verein gelandet, wo ich Nishio Senseis Aikido begegnet bin. Zwar habe ich dort ein neues Zuhause gefunden, allerdings zu dem Preis, dass ich fast völlig von vorne beginnen musste. Die Unterschiede zu allem bisher Erlernten waren einfach zu groß, und hinzu kamen noch etliche neue Schwert- und Stockkatas und Aikitoho1. Nach 8 ½ Jahren im neuen Verein und insgesamt rund 17 Jahren habe ich kürzlich die Prüfung zum Shodan abgelegt. Die Erleichterung, es hinter mir zu haben, ist unzweifelhaft. Allerdings kann ich nicht sagen, jetzt besonders in Feierlaune zu sein. Die Erwartungshaltung hat sich in der doch recht langen Zeit einfach abgenutzt, und schließlich stellt sich für mich nun auch die Frage, wofür dieser Titel eigentlich steht. In unserem Dachverband ist unser Verein bekannt dafür, dass er seine Schüler sehr lange warten lässt. Vermutlich liegt dem die Auffassung zugrunde, dass ein langer Zeitabschnitt für …

Shoji Nishio Senseis Aikido

Click to load "www.youtube.com"www.youtube.com may use cookies Anmerkung: Das Originalvideo ist nicht mehr verfügbar. Dies ist nun eine neuere Version mit Übersetzung.) Dieses Video war meine erste Begegnung mit Nishio Sensei. Damals hatte ich noch keine Gelegenheit, diese Form des Aikido persönlich zu erfahren. Die Klarheit und Bestimmtheit seiner Bewegungen ist mir aber dennoch in Erinnerung geblieben. Es drängt mich schon lange, über meine Erfahrungen mit dem von ihm entwickelten Aikido zu schreiben. Es gibt allgemein nur extrem wenige Texte über ihn und sein Aikido. Zumeist handelt es sich um Biographisches und ein paar Interviews. Dann aber stellt es sich immer als extrem schwierig heraus. Es gibt in vielen wesentlichen Aspekten keine mir bekannten Versuche, auf die sich aufbauen ließe. Man trainiert auf hohem Niveau, aber wenn man darüber spricht, ist es zumeist nur unsystematisch und aus dem Stegreif. Ich habe nun zumindest begonnen, das Wichtigste in Worte zu fassen. Ich habe es bereits mehrere Male überarbeitet, und vermutlich wird es noch viel zu ergänzen und zu verbessern geben. Es ist einfach ein Schnappschuss eines …