Beruf, Software

Rückblick auf ein Jahr meines Premium Plugins

Shuffle Box - searchable tag cloud - Gutenberg - WordPress plugin

Es ist jetzt ein Jahr her, dass ich die Premiumversion des Tag Groups Plugins veröffentlicht habe. Vielleicht ist das der richtige Augenblick, um einmal zurück zu blicken.

Das kostenlose Plugin ist seit dem 19 Juni 2012 auf WordPress.org erhältlich. Es waren also rund 6 Jahre vergangen, bis ich mich entschlossen hatte, eine Premiumversion zu erstellen.

Diese 6 Jahre sind nicht nur wichtig für die Entwicklung, sondern auch für mein heutiges Verständnis von dem, was es ist. Es ist einfach gut zu wissen, dass es nicht primär als kommerzielles Produkt geplant worden ist. Die kostenlose Version ist keine Demoversion des eigentlichen Plugins, sondern sie ist eigenständig und vollwertig und in ihren Funktionen eine runde Sache.

Die Entwicklungsstadien könnte man wie folgt gliedern:

  1. Eigenbedarf
  2. von Nutzern gewünschte Features
  3. Systematische Überarbeitung
  4. Freemium Modell

Auch während der Freemium-Phase wird das kostenlose Plugin weiter entwickelt. Den größten Schritt bedeutet sicher die Erstellung von Gutenberg-Blöcken. Das ist ein Feature rein für das Backend, das aber erhebliche Zeit und Mühen gekostet hat. Im Endeffekt sind das Kosten, bei denen mehr als fraglich ist, ob sie einmal durch Mehreinnahmen beim Premium-Plugin gedeckt werden können.

Im Frontend blieb alles beim Alten:

Mit dem Premium-Plugin sind schon andere Sachen möglich. Dies hier basiert ebenfalls auf einem Gutenberg-Block:

Der Stand der Dinge, im Rückblick

Nach einem Jahr Premium habe ich mal versucht, ein paar Lehren zusammenzufassen, die ich gelernt habe:

  1. Kunden erwarten nicht weniger von einem Produkt, bloß weil es billiger ist. Der Preis sollte der Arbeit und dem Aufwand entsprechen. Wenn er dann zu hoch ist und niemand es kauft, dann ist es besser, die Sache kostenlos (oder gar nicht) anzubieten und von allen Verpflichtungen frei zu sein, als dass man es unter seinem Wert verkauft.
  2. Supportanfragen stellen die schwierigste Arbeit dar. An deren Menge, Art und Verlauf entscheidet sich, ob sich das Projekt trägt und ob man damit zufrieden ist. Eine gute Dokumentation und Benutzerführung sind daher extrem wichtig.
  3. Die Erhöhung der Verkaufszahlen durch Preissenkungen ist oft problematisch, da damit auch der Arbeitsaufwand und die Kosten durch Support steigen. Und, wie oben schon gesagt, die Anfragen sind nicht leichter zu erledigen, bloß weil das Produkt billiger ist.
  4. Supportanfragen sind auch der emotional wichtigste Teil. Es gibt unglaublich erfreuliche Kundenkontakte, und daneben nervige oder sogar sehr ärgerliche. Wenn eine unangenehme Anfrage vor dem Wochenende eintrifft, dann hat man die Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder bis zum Montagmorgen verdrängen oder sie jetzt schon bearbeiten, um zumindest einen Teil des Wochenendes zu retten.
  5. Es ist extrem wichtig, die berufliche Kommunikation nach Feierabend und an Wochenenden abzuschalten. Das betrifft sogar die E-Mail-App auf dem Handy, die dann keine beruflichen Mails mehr synchronisieren darf. Wichtige Meldungen von der Website usw. sollten aber natürlich durchgelassen werden.
  6. Softwarevertrieb bringt es mit sich, dass die Kunden aus verschiedenen Zeitzonen anfragen. Da muss man einfach freundlich aber bestimmt auf der eigenen Zeitzone bestehen. Wenn bei mir Nacht ist, dann habe ich frei.
  7. Der Aufwand für Website, Supportsystem und dergleichen bildet einen erheblichen Anteil neben der eigentlichen Arbeit am Produkt. Und auch hier muss man damit rechnen, sich andauernd fortzubilden und alles immer mal wieder zu überarbeiten.
  8. Eigentlich braucht man von Anfang an ein Team, um so etwas als Haupterwerb zu betreiben. Das fängt schon damit an, dass man irgendwann vielleicht krank ist oder Urlaub braucht. Diese Leute zu ernähren bildet die Mindestkosten. Wenn man diese Ebene nicht erreicht, dann sollte man sich überlegen, ob man es nicht gleich als Nebenerwerb oder teilfinanziertes Hobby definieren will und dies auch so kommuniziert.
  9. Selbst wenn es nur ein Nebenerwerb oder Hobby ist, dann ist der Zeitbedarf doch so hoch, dass es für andere Tätigkeiten eng wird. Vielleicht braucht man pro Tag nur eine Stunde anspruchsvoller Arbeitsleistung und nur eine Stunde mittlerer Arbeitsleistung, aber die fehlen einem dann für andere Tätigkeiten. Inklusive derjenigen Arbeiten, die man ohne nachzudenken macht, ist dann oft der Vormittag weg. In der übrigen Zeit erledigt man nicht so leicht ein anderes Projekt, das ebenso einen vollen Einsatz und ein frisch ausgeruhtes Gehirn erfordert. Verschiedene Jobs lassen sich nicht einfach zeitlich aufaddieren.
  10. Es ist auf Dauer anstrengend, zwischen verschiedenen Tätigkeiten hin und her zu schalten. Man muss nicht nur neu in den momentanen Zustand hinein finden und seine Geräte umschalten, sondern auch seine Pläne und seine Herangehensweise, ja oft sogar die eigene Identität austauschen. Man steckt vielleicht gedanklich noch in der anderen Arbeit, muss aber den Kunden davon überzeugen, in dieser hier voll präsent zu sein. Oft sogar sind es zwei konkurrierende “Ichs”, die sich gegenseitig Ressourcen streitig machen.
  11. Die Auswahl der Verkaufsplattform ist schwierig, und manche Entscheidungen (etwa das Lizenzmodell) sind später nur noch schwer zu ändern. Der Verkauf auf der eigenen Webseite bringt Bürokratie mit sich, so etwa für Umsatzsteuer oder Garantiefälle. Wenn man ohne Lizenzschlüssel verkauft (also einmal kaufen, für immer benutzen), dann ist der Kaufpreis höher, als wenn man eine jährliche Verlängerung anbieten kann, was für Kunden ungünstig aussieht, auch wenn es das nicht ist. Der Anteil an den Einnahmen ist zudem je Marketplace extrem verschieden. Dessen allgemeine Erscheinungsform spielt daneben auch eine Rolle, denn Qualität und Präsentation mancher anderer Produkte sind dort oft unzufriedenstellend und ziehen das eigene Produkt mit hinunter.
  12. Allgemein hat sich das Freemium-Modell sehr gut bewährt. Es sorgt nicht nur für einen steten Zustrom neuer potentieller Kunden, sondern bietet ihnen auch eine Möglichkeit, das bezahlte Produkt ersteinmal zu testen. Somit verringert sich wiederum die Menge der Supportanfragen.

Als ich angefangen hatte, hatte ich mir gedacht, dass die ersten drei Monate erstmal so etwas wie ein Testlauf sind. Danach würde ich auswerten, wie es so gelaufen ist, und entscheiden, ob und wie ich weiter mache.

Nach den drei Monaten gab es allerdings kein klares Ergebnis. Im Endeffekt habe ich mir immer nur neue Strategien überlegt, wie die Nachteile beseitigt oder zumindest verringert werden könnten, und ich habe weiter gemacht. So gesehen hat sich die Zeit des Evaluierens immer weiter verlängert.

Ein Schlusswort? Ich bin sicher ein gutes Stück stolz darauf, es so weit gebracht zu haben, aber ich mache mir auch keine großen Illusionen, gerade wenn ich mir die Plugins anderer Leute ansehe und eingestehen muss, dass sie einfach besser oder erfolgreicher sind.

Im Leben gibt es keine Sackgassen. Was immer man macht, verändert die Ausgangsposition für zukünftige Unternehmungen.