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Eine kurze Betrachtung des Fremden in Prag

Prag. Wenn ich über Prag nachdenke, muss ich zuerst eine dicke Schicht an Kitsch beiseite schieben, die von wohlmeinenden Besuchern, Suchenden nach einer heilen Welt auf Böhmisch, und auch den Einheimischen in einer erfolgreichen Selbststilisierung angereichert wurde. Wenn man Bier, Knödeln, Weihnachtsmärkten und einer etwas verschrobene Lebensart, ähnlich dem bayerischen “Mir san mir”, eine Absage erteilt, hat man sich schon überall Feinde gemacht. Böhmen ist so eine Art unantastbares Elysium. Prag ist eine Großstadt, Hauptstadt, Metropole. Daran will ich es messen, nicht an Švejk-Bierstuben und den ewigen Promofotos von der Burg im Morgendunst, Idylle über Idylle, und alles ist nicht nur schön, es ist das Schönste der Welt, wie auch das tschechische Bier das beste Bier der Welt sein muss, sonst ist alles verloren. Mir geht es gar nicht darum, irgendwelche Ranglisten umzustoßen, sondern einfach diese Notwendigkeit, die Nummer Eins zu sein, und zwar die Nummer Eins als Dogma. Da wird nichts Anderes probiert, da wird auch nicht die alternative Meinung willkommen geheißen, weil sie von einer Vielfalt zeugt und von der Bevorzugung der Menschen …

Prag im Herbst - Tor

Das magische Prag

Prag ist ein Ort der Magie. In kaum einer anderen Stadt trifft man auf eine solche Fülle an bezaubernden Bildern, verborgenen Gassen und Tälern, finden sich prächtige Villen und geheimnisvolle Bauten aus vielen Jahrhunderten, die kaum auf einer Karte zu erfassen sind, geschweige denn in Worten zu beschreiben. Eine Erkundung durch Prag ist ein Unternehmen ohne Ende. Prag birgt somit aber auch die Gefahr, sich hier in den endlosen und atemberaubenden Details zu verlieren und den Rest des Landes nicht mehr wahrzunehmen. Wie der Bote in Kafkas Parabel “Eine Kaiserliche Botschaft” verliert sich der Betrachter in der labyrinthischen Stadt. Der Bote ist immer unterwegs, und vielleicht würde sein Eintreffen bereits die Botschaft zunichte machen, handelt ihr Inhalt, gesendet vom sterbenden Kaiser, doch vielleicht gerade von der Unendlichkeit.

Leuchtturmwärter in Prag

Zum 10-jährigen Jubiläum einer deutschsprachigen Zeitung in Prag wurden ehemalige externe Mitarbeiter, die über das ifa dort gewesen waren, dazu aufgefordert, einen Rückblick zu schreiben. Offenbar waren nicht genügend von ihnen dazu bereit, denn die Idee wurde letztendlich nicht umgesetzt. Vielleicht hatten sich einfach auch zu viele Ehemalige negativ über ihre Zeit dort geäußert, so wie es zumindest in Gesprächen mit ihnen immer der Normalfall gewesen war.

Mich packt das Grauen: Kreischende und knödelnde Stimmen im Park

In etwa zehn Minuten gelange ich von hier in den Park Stromovka, der nicht nur von seiner Anlage her sehr schön ist, sondern sich auch gut zum Wiederholen von Seltsamkeiten der Sorte Suburi, Kihon und Kata eignet, da man zumindest im abgelegeneren Bereich gut Platz findet. Es geht dabei nicht nur um einen Sicherheitsabstand zu Joggern und Spaziergängern, sondern ganz einfach darum, dass ich mich bei den Übungen konzentrieren muss. Also darf da kein kläffender Köter um einen herum springen, ich brauche Ruhe vor Frisbees, Fußbällen und Gaffern mit erschlaffter Kiefermuskulatur. In dem Biergarten vor dem historischen Messegelände, dessen linker Flügel abgebrannt ist und nur noch aus einem länglichen Zelt besteht, wird ein seltsames Gemisch an Veranstaltungen geboten: Manchmal hört man Dialoge und die knisternde Tonspur alter tschechische Filme oder es läuft ein Programm für Kinder und Kindgebliebene, zumeist aber legt ein DJ vor ratlosen Gästen Techno auf. Heute spielten ein Gitarrist und ein Cellist, und einer von beiden sang, es klang so etwa wie melancholischer Folk, und es klang ziemlich gut. Ich blieb eine …